Geile Butze – Dialektik im Forum

Ob der wilde Süden oder der kühle Norden, hier trifft man sich zwischen den großen Treffen
ihkawimsns
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Diverse Dialekte im Vergleich kann man sich hier anhören:

http://www.staff.uni-marburg.de/~naeser/dial-aud.htm
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Pepper-Horst
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Mensch, wie konnte ich dieses Thema all die Jahre (deren zwei ;-)) übersehen? Hab' mich hier komplett durchgelesen, einige Übereinstimmungen entdecken können und manchmal auch nur Chinesisch verstanden. Das Thema ist bei mir momentan eh ganz aktuell, da man beim Bund mit Gleichaltrigen aus verschiedensten Regionen in Kontakt tritt. Und - ja! - wie oft wurde bisher die Zeitansage ost/west zur hitzigen Kontroverse hochgejazzt?

Um's vorwegzunehmen: Ich bin ein 'Viertel-vor-und-viertel-nach-Typ'. Zur geographischen Sofort-Orientierung des jeweiligen Gegenübers, taugt die Zeitansage verlässlich gut. Ist quasi fehlerfrei, wie ein eidgenössisches Uhrwerk :-). Allerdings habe ich bisher keine fränkischen Zeitgenossen antreffen dürfen, die sich der 'Zeitansage ost' bedienen. Vielleicht auch deswegen meine klare Aussage dazu.

Ich stamme aus Mölln im Kreis Herzogtum Lauenburg/Schleswig-Holstein (überregional gerne 'Kreis Ratzeburg' genannt, da Auto-Kennzeichen RZ). Topographisch eingeordnet, grenzt der Landkreis im Westen direkt an Hamburg, im Süden an der Elbe und dem Land Niedersachsen, östlich an der ehemaligen Grenze zur DDR und jetzigen Grenze zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, nördlich ebenfalls direkt an Lübeck. Eigentlich vorherrschender Dialekt ist 'Lauenburger Platt' - in meiner Generation nicht mehr weit verbreitet. Hinzu gesellt sich die Hamburger Sprachweise und das übliche norddeutsche Geschnacke. Ich selber bin mit allem so'n bisschen aufgewachsen. Meine Familie väterlicherseits pflegt zudem seit dem 19. Jahrhundert enge geschäftliche Beziehungen nach HH-Bergedorf, womit wahre Hamburger Begriffe (wie zB 'Sotsche' für Schornsteinfeger) sich bis heute familienintern gehalten haben. Nachfolgend, versuche ich den schmalen Grat zwischen Jugendsprache, Dialekt und Plattdeutsch nicht noch schmaler werden zu lassen.

Na schön. Fangen wir mal mit dem Kerngehäuse des Apfels an. Da las ich zuerst: Knust. Und das von einem augenscheinlich Bergedorfer! Nein. Zugegeben, ein spezieller Begriff fürs Kerngehäuse, ist bei mir im Umfeld nie entstanden. Da war's einfach der Rest vom Appel, und der wurd' weggeschmissen. Oder von Öko-Hardlinern samt Stil aufgegessen. Als Knust ist hier das oder die Endstücke vom Brot bekannt.

Daddeln für manisches Spielen. Etabliert. Schon lange. Genauso wie 'zocken'. Das ebenfalls für Diebstahl oder klauen benutzt wird. Der gemeine Lauenburger legt sich auch in die 'Falle' oder ein bisschen origineller, in die 'Pofe'. Und klar, mit dem 'Bonsche', sind wir 'lütten Schieter' hier alle groß geworden. Ebenso eine schöne hansestädtische Redensart ist 'in'ner Brass zu sein'. Hat sich bisweilen ein bisschen weiter östlich bis heute gehalten. 'In'ner Brass' zu sein, bedeutet übersetzt, dass man's gerade stressig oder eilig hat. Oder beides. Die Redensart stammt aus der Segelwelt. Butze übrigens, steht bei uns/mir einzig und allein für (meist kleine/s) Wohnung bzw. Zimmer.

Tümmeln kannte ich bis dato nicht. Sehr wohl aber den Tümmler. Für den Wäschetrockner. Die Ankündigung während meiner Grundausbildung, die ich in Strausberg bei Berlin absolvierte, zum Frühstück 'Pfannkuchen' serviert zu bekommen, ließ bereits einen warmen Apfelmuß-Geschmack im Mund entstehen. Am Ende mit einem zuckrig-klebrigen Berliner dazustehen, das war ganz schön enttäuschend.
Auf den Zahn fühlte ich übrigens auch der Aussage eines Freundes, der sich in Brandenburg mal ein Jägerschnitzel bestellte und panierte Jagdwurst vorgesetzt bekam. Die Aussagen waren einhellig. Mit der Meinung, ein Jägerschnitzel sei ein 'ein paniert und gebratenes Stück Schweinefleisch' lebte ich 'hinterm Mond' oder war 'nicht von dieser Welt'. Wurde hier eigentlich unterschlagen, dass die beliebte 'Frikadunse' in Norddeutschland 'Klops' heißt?

Der Sittich ist in meiner Gegend zur Grille mutiert. Das hört sich dann in etwa so an: "Oh man! Auf der gewienerten Treppe eben fast 'ne Grille gemacht". Auf dem Jahrmarkt essen wir Mutzen und trinken unser Bier aus Knacken/Jollen/Hülsen; und nach jedem Schluck Gerstensaft wird der Schmachter/Jieper/Janker nach einem Zug von der Puffe/Döge/Fluppe größer. Das kalorienreiche Blonde sorgt im Übrigen für eine Wanne/Wampe/Plautze. Aber wie so üblich bei Volksfesten, tragen wir unsere Pieselotten so lange zum Bierstand, bis wir total klamm sind. Wobei 'Pieselotten' nicht für 'verlorengegangene Seelen' steht. Bitte auch nicht klamm falsch verstehen, denn 'klamm' kann auch der Tresen vor lauter verschüttetem Bier sein, also feucht.

Wie schaut's aus mit 'geile Mucke hör'n'? Irgendwann in den 90er von meinem älteren Bruder angeschleppt. Heute sogar bis in die Mainstream-Radio-Stationen Norddeutschlands vorgedrungen. Auch D-Town besitzt keinen Sonderstatus mehr. Die 25.ooo-Einwohner-Stadt Geesthacht am Rande Hamburgs, wird von einschlägigen Typen G-Town genannt. Genauso wie Bochum mir als Bo-City bekannt ist.

Die Notdurft wird generell 'auf'm Pott' verrichtet. Ob dabei Despektierlichkeiten gegenüber den Bewohnern des Ruhrgebiets bestehen, ist mir nicht bekannt. Ach ja, und nach dem Klo-Besuch, 'rüffelt' es erstmal auf dem Scheißhaus. Und wenn kleine Kinder das Herunterspülen vergessen, dann kriegen sie in manchen Fällen sogar einen 'Backs' (= Ohrfeige, Backpfeife) oder gar einen 'Arschvoll' (im Klatext: den Allerwertesten versohlt!). Irgendwann kommt man aus dem Alter raus und es tritt die erste Perle/Ulsch/Torte ins Leben. Wie oben beschrieben, man probiert sich aus, zB mit Alkohol, und ertränkt seine Lebenslust, so lange, bis man sich 'die Lampignons angezündet hat und knastig' ist. Diese Entwicklung, von der Göre zum Heranwachsenden, geschieht im Rückblick gern mit ordentlich Karacho.

Bevor ich anfange Groschenromane zu schreiben oder so mancher sich dank des einen oder anderen Begriffs den Dötz kratzt, versuch ich mich mal klar und übersichtlich.

Mutzen - Schmalzgebäck mit Puderzucker von Oma oder vom Jahrmarkt.
Kirsche - Ostdeutsches Pendant zur Perle
Karacho - etwa 'rasend schnell' (lt. wiki übrigens Ruhrpottdeutsch)
in die Ramme gehen - Gegenteil von Karacho, auf die Tube drücken
Strunk - so wird bei uns das grüne Stil-Ende der Tomate bezeichnet.
Puffe/Döge/Fluppe - Zigarette
Wampe/Wanne/Plautze - dicker Bauch
Perle/Ulsch/Torte - Freundin
Macker - Freund
Börse/Portmo - Brieftasche/Portmonaie
klamm - pleite
Drücker - Fernbedienung -> FB
Grappen (im Kopp haben) - sehr schön norddeutsch. Übersetzt: "Du hast Flausen im Kopf!"
wumpe - sagen anscheinend gerne Niedersachsen, anstatt: "scheißegal"
EssZett - ß (ja, Schokolade ebenfalls noch bekannt)
Tüffel - Kurzform der Kartoffel (Kartüffel), allerdings eher als Schimpfwort genutzt, anstatt "du Dummkopf".
töfte - habe ich bei westfälischen Jugendlichen oft gehört
Mennege - auch schön. Für Rostschutzmittel.
Nasenstein - Popel. All die Jahre für eine Kreation meiner Clique gehalten. Beim Bund von Mecklenburgern eines Besseren belehrt worden.
Eierpfeile/Arche/Schiff/Urne/Chaise/Klitsche - (altes) Auto, wobei letzteres universell einsetzbar ist und auch für kleine Wohung benutzt wird. Am gebräuchlichsten ist bis heute 'Chaise', Kurzform von Chaiselong. Als Kind schon immer fürs Fahrrad benutzt.
fatzen - essen (mit einem eher pejorativen Anstrich - wohl eher Jugendsprache). Gerne wird auch ein Cheeseburger 'verhaftet', genauso Bier und sonstige Alkoholika.
Sprit/sprittig - Alkohol/besoffen. Daraus entstand ebenso Spritkopp oder ein wenig lustiger 'Spritti Gonzales' :-D.
unterhopft - Bierdurst (hört sich stark nach Jugendsprache an)
Joppe/Juppe - Winteranorak, generell Jacke
Lehmann - Vorschlaghammer (immer angenommen, dies komme aus dem Niederdeutschen, offiziell heißt er dort aber 'Moker'; das ist hier überhaupt nicht angesagt)
Pasta/Paster - Pastor

Hier wurde weiter noch nach dem Controller verschiedener Spielekonsolen gefragt. Uns war der Ausdruck 'Controller' auch immer zu bieder, darum erfand irgendjemand von uns den Begriff 'Japper' (anglophon ausgesprochen); ich weiß nicht, inwiefern das heute bundesweit die Runde gemacht hat.
'Braunkohl' kannte ich bisher eigentlich nur von meiner Tante Inge aus Bremen. Grün-/Grön- oder Groinkohl ist übrigens mein Leibgericht :-).

So, und zum Schluss noch was Vulgäres: 'Öft' = Scheidenflüssigkeit ... ähem ... Regionale Jugendkultur oder etabliert-verborgene Milleusprache?

Nachtrag: uii, was ganz Wichtiges hab ich noch vergessen. Der Lauenburger geht ja gerne auf'n 'Swutsch' - und dann heißt's nicht zum Tanzen, sondern zum Schwoofen, de Danz op de Deel. In Storman, Segeberg, Neumünster, Lübeck gänzlich unbekannt. Hier jedes Wochenende von sämtlichen Generationen benutzt.
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Elek.-maxe
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[quote=Pepper-Horst;255184]Und klar, mit dem 'Bonsche', sind wir 'lütten Schieter' hier alle groß geworden[/quote]
Diesen Satz habe ich nicht im geringsten verstanden, sonst war ja immer schön die Übersetzung dabei.
Schöner Beitrag, der sicher viel Mühe gemacht hat.

Da ich ohnehin kein Jägerschnitzel bestellen werde, brauche ich dann auch nicht wie ein Auto zu gucken, wenn 'ne Wurst kommt. Vermutlich würde ich dem Koch einen Duden oder einen A*tritt spendieren.

Was mir an heimatlichen Ausdrücken gerade so noch einfällt...:
Knortzel (das "r" wird dabei auch noch verschluckt): Uneinsichtiger Mensch
Piensje: Wehleidiger Mensch (von "piensen" = weinen), wir auch abwertend benutzt, für Leute, die nichts zustande bekommen
Bimmelbähnsche: langsamer Personenzug, Regionalzüge (von "bimmeln" = glockenläuten, Züge so langsam wie Straßenbahnen, die zur Warnung klingeln
Trump: Wormser Begriff für Asoziale, wenn die Siedlung "In den Trumpen" auch schon Jahrzehnte nicht mehr besteht
Bleedsche: eigentlich für das "Amtsblatt", aber auch für Lokalanzeiger und Werbe-Wurfsendungen benutzter Begriff.

Schon jetzt: Entschuldigung für jeden Doppelpost... ;)
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Lutz
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[quote=Pepper-Horst;255184]Ich stamme aus Mölln im Kreis Herzogtum Lauenburg/Schleswig-Holstein (überregional gerne 'Kreis Ratzeburg' genannt, da Auto-Kennzeichen RZ). Topographisch eingeordnet, grenzt der Landkreis im Westen direkt an Hamburg, im Süden an der Elbe und dem Land Niedersachsen, östlich an der ehemaligen Grenze zur DDR und jetzigen Grenze zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, nördlich ebenfalls direkt an Lübeck. Eigentlich vorherrschender Dialekt ist 'Lauenburger Platt' - in meiner Generation nicht mehr weit verbreitet.
[/quote]

In Mölln war ich als Hamburger natürlich auch schon öfter...

[quote=Pepper-Horst;255184]Ebenso eine schöne hansestädtische Redensart ist 'in'ner Brass zu sein'. Hat sich bisweilen ein bisschen weiter östlich bis heute gehalten. 'In'ner Brass' zu sein, bedeutet übersetzt, dass man's gerade stressig oder eilig hat[/quote]

Ich habe gerade den Ausdruck fibbelig (hektisch) aus dem Raum Quickborn neu kennengelernt.

[quote=Pepper-Horst;255184] Meine Familie väterlicherseits pflegt zudem seit dem 19. Jahrhundert enge geschäftliche Beziehungen nach HH-Bergedorf, womit wahre Hamburger Begriffe (wie zB 'Sotsche' für Schornsteinfeger) sich bis heute familienintern gehalten haben.

(...)

Tümmeln kannte ich bis dato nicht. Sehr wohl aber den Tümmler[/quote]

Hehe - gerade tümmeln kenne ich aus Bergedorf ;)

[quote=Pepper-Horst;255184]
unterhopft - Bierdurst[/quote]

:geberdim:

Lutz
Zuletzt geändert von Lutz am Do Jan 01, 1970 1:00 am, insgesamt 0-mal geändert.
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Babooshka
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Also ein Bonsche ist ein Bonbon und lütte Schieter sind sozusagen Hosenscheißer, also (mehr oder weniger kleine) Kinder. Hab ich doch richtig, oder Pepper-Horst?

Panierte Jagdwurst als Jägerschnitzel - also da hätte ich Berlinerin aber auch überaus sparsam geguckt. Das muss eindeutig ein Relikt aus "DDR - wir hatten ja nichts"-Zeiten sein. Das, was du als Jägerschnitzel beschrieben hast, ist für mich übrigens ein Wiener Schnitzel. Jägerschnitzel kenne ich als unpaniert mit Soße dabei und in der Soße befinden sich Pilze.

"Klopse" gibt's in Berlin auch, und zwar in Verbindung mit "Königsberger". Das sind in etwa tennisballgroße Hackfleischbälle, serviert mit einer leicht süß-sauren Soße mit Kapern drin und dazu Kartoffeln. Königsberger Klopse schmecken sehr lecker (besonders, wenn meine Mama sie macht), stammen dem Namen nach wahrscheinlich nicht aus Berlin, sind aber fester Bestandteil der Berliner Küche.
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Dreadnout73
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Moin!

Als gebürtiger Sauerländer habe ich einige Ausdrücke am Anfang wiedererkannt.
Zu Bonbons sagt man bei mir @home "Bömskes" und zu lustigen Anekdoten "Dönekes", woll! Beömmeln kommt auch schon mal vor, wenn etwas lustig ist und gelacht wird.

Dann habe ich 7 Jahre in Dortmund gewohnt, und den Einschlag hört man mir wohl hier im hohen Norden jetzt auch an. Tach, Wat is und Boah glaubse dat rutschen mir des öfteren mal raus..

Hier in Hamburg habe ich Lütte(Freundin oder kleine Tochter), Rundstück (Brötchen) und Bonsches (Bonbons) kennen gelernt. Desweiteren sind hier manche Leute mall (bekloppt).

Viele weitere Begriffe habe ich wohl wieder vergessen, aber beim durchlesen hier geht mein grinsen erst gar nicht wech.
Schlimm finde ich "wem ist das" und "das ist mir" :kotz:

MfG
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Pepper-Horst
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[quote= von Babooshka]Also ein Bonsche ist ein Bonbon und lütte Schieter sind sozusagen Hosenscheißer, also (mehr oder weniger kleine) Kinder. Hab ich doch richtig, oder Pepper-Horst?[/quote]

Was natürlich total richtig ist. 'Schieter' wird allerdings auch oft der männliche Part eines Renter-Ehepaares, logischerweise vom weiblichen Part, gerufen. "Na, mien Schieter". Man stelle sich das mal auf Hochdeutsch vor. Von der Verniedlichung der Schimpfwörter im Plattdeutschen, wird oft Gebrauch gemacht. Tüffel, Moorslock (A-Loch) oder Dösbattel, sagt man eher ohne Grimm, dafür aber mit einem milden Lächeln. Mein hiesiges 'Lieblingsschimpfwort' ist immer noch 'Spacken', gleichbedeutend für Idiot. Wird aber eigentlich auch nur im engeren Umfeld angewendet; für unschöne Sachen, wie zB ungebetene Flatulenz und unsichtbare Methan-Post ;-). Dann kommt so'n: "Man bist du 'n Spacken!" so richtig schön herzhaft zur Geltung.

Tja, und als Pendant zu diesen ur-bairischen 'Brotstüberln' und so, gibt's in Hamburg-Ottensen mittlerweile den vielbeachteten 'Bonscheladen'. Voilà:

www.bonscheladen.de

Die Definition 'Jägerschnitzel' ist bei mir die gleiche. Das mit der Pilzsoße hätt' ich vielleicht dazuschreiben sollen. Wobei's Jägerschnitzel eher paniert bei uns angeboten wird, allzu oft aber auch ohne Panade. Und klar, Königsberger Klopse erfreuen sich auch hier zu Lande großer Beliebtheit; werden ja mittlerweile sogar von Erasco und co als Fertig-Convenience-Produkte angeboten. Der norddeutsche Klops ist auch ein wenig anders als Bulette und Frikadelle. Nämlich mit ordentlich viel Zwiebeln und auch runder und kugeliger, eben 'klopsiger' :-). In meiner Kindheit hieß eigentlich jeder Fleischbratling 'Klops'; mittlerweile sind auch Frikadelle und selbst Bulette sehr geläufig.

Übrigens ist die weibliche Perle hier auch als 'Ische' bekannt. Das wollt ich noch loswerden.
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SynthieM
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Ich kenne Jägerschnitzel von früher tatsächlich als gebratene Jagdwurstscheibe, in der Schulkantine meistens mit klumpigem Kartoffelbrei und nem Löffel Bratfett obenrdauf serviert. Dazu gab es dann manchmal noch ne halbe Gewürzgurke, der Vitamine wegen.
Habe ich inzwischen aber schon Jahre auf keiner Speisekarte mehr gesehen.
Das mit der Pilzsauce wurde dann eher "nach Jägerart" oder so ähnlich betitelt, wenn ich mich recht erinnere. In der Schulspeisung gab es sowas nie.
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Soundfeile
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[quote=Babooshka;255234]

Das muss eindeutig ein Relikt aus "DDR - wir hatten ja nichts"-Zeiten sein.[/quote]

Nun ja, ein Jägerschnitzel hat man sich hauptsächlich gemacht, wenn man Appetit darauf hatte, was nicht unbedingt ausschließt, das auch mal improvisiert wurde, wenn man wirklich mal Pech hatte und gar nichts Kurzgebratenes zu kaufen bekam. Der normale Verbraucher hat ganz sicher immer sein Schnitzel oder Kotelett etc. gehabt, wenn er nicht gerade Samstags kurz vor 11 in die Fleischerei ging. Außerdem gab es auch noch das eine oder andere Gefrierfach ;) 1982/83 gab es den einzigen akuten Engpass in der Versorgung von Fleisch und Fleischwaren. Alle anderen Engpässe waren hausgemachte Fehlstrukturen. 100 g Jagdwurst kosteten -,68, die gleiche Menge Kotelett -,80 sowie 1,- fürs Schnitzel. Der Kamm kostete dasselbe wie die Jagdwurst. Anders sah das natürlich in Betriebskantinen oder beim Schulessen aus, da dort bedingt durch andere Faktoren natürlich ganz anders versorgt wurde oder auch versorgt werden musste. Das es dort keine Lende gab, stattdessen rationiertes Kernfleisch bzw. spezifischere Artikel unter anderem Jägerschnitzel ist völlig logisch und hat auch Sinn gemacht. Wenn man heute mal so hinschaut, was die Leute mitunter für einen Frass an Imbissen konsumieren, allen voran dieses gebackene Fleischbrät, was wohl hauptsächlich nur aus Fett und Schwarten zusammengesetzt ist, kann man sich nur noch wundern. Alles in allem haben wir zu DDR Zeiten bedeutend mehr Fleischwaren vertilgt als heute. Wir hatten da nix, sehe ich da als Trugschluss. Alles andere, allen voran Obst, steht auf einem anderen Blatt. Falls jetzt einer kommt und sagt, in der Zone gabs nie Rindslende, dem sei gesagt, das bedeutend mehr davon in der Woche zu DDR Zeiten über den Ladentisch gegangen ist als heute.
Ein Wiener Schnitzel war und ist schon immer ein Kalbsschnitzel.
Ein Klops ist und bleibt ein Gehacktesbällchen ob nun gebraten, als Boulette oder gekocht und zum Königsberger zubereitet spielt da keine wesentliche Rolle. Das halbe Pfund Gehacktes kostete i.Ü. 1,90 M.
Meine Frau macht
Königberger Klopse kleiner als Tennisbälle eher Squashballgröße
Wasser aufkochen mit 2 Teelöffel Salz, 1 Lorbeeblatt, 4 Pimentkörner (eventuell etwas gekörnte Brühe)

1Kg Gehacktes Schwein
15g Salz
2 g Pfeffer
3g Kümmel
1-2 Eier
Zwiebelchen
Paniermehl (oder eingeditschtes* Brötchen)

vermengen und Bällchen rollen und rein in Wasser. 15 Minuten (Squashballgröße) auf kleiner Flamme köcheln.
Mit neuem Topf 1/8 (62,5 g) Butter auslassen. 2 gestrichene Eßlöffel Mehl dazugeben und mit dem Schneebesen verrühren. Nach und nach Brühe von den Klopsen dazugeben bis es eine cremige Soße wird. Wer möchte macht Karpern, Schuss Zitrone dazu und natürlich kommen dann die Klopse in diese Soße. Kartoffeln dazu und fertig ist der Babberschmatz*.
Ich selber habs noch nie gemacht :D, gibt's aber jeden Monat bei uns 2 Tage am Stück.

*Dialektik
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Babooshka
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Hallo Moderatoren, ich würde gerne weiter mit Soundfeile darüber diskutieren, aber nicht in diesem Thread. Könnte das vielleicht mal jemand hier rausschneiden und an den "Jugend in der DDR"-Thread dranpappen? Übrigens ein interessanter Thread, der durch Dranpappen von Soundfeiles Beitrag ruhig mal wieder belebt werden könnte.
Zuletzt geändert von Babooshka am Do Jan 01, 1970 1:00 am, insgesamt 0-mal geändert.
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